BRIEFE AN JIM von HARALD PRIEM

Harald Priem

noch bis zum 5.10.

Harald Priem sucht Orte auf, die temporär oder dauerhaft ihrer ursprünglichen Nutzung enthoben sind. Es sind von Menschen verlassene Gebäude; Architektur und Inventar haben die eigentliche Funktion verloren und sind oft dem Verfall preisgegeben. Die Orte geben Hinweise, zu lesen unter anderem auch in den unterschiedlich großen Gegenständen, die zurückgeblieben sind. Als stumme Zeugen aus der Zeit der ursprünglichen Nutzung besiedeln sie die Räume. Hier findet Harald Priem die „Schreibwerkzeuge“ für seine Briefe an Jim. Sie sind ortsgebunden, ortsspezifisch und in ihrer Form immer verschieden. Während beim Schreibvorgang mit Feder und Tusche unmittelbar die persönliche Autorenschaft der schreibenden Person ersichtlichwird, ist sie beim Drucken der Briefe an Jim zunächst nicht erkennbar. Die Größe der gewählten Druckformen definiert den zeitlichen Aufwand des Schreibprozesses, der Rhythmus des Eintauchens in das Malmittel und der anschliessende Druck von Hand geben die Bildsprache vor.
Die Form und die Dichte der Zeichnung hängen von der Wahl des Schreibwerkzeugs ab: Werden kleine Druckstempel verwendet, hat das mehrmals wiederholte Stempeln ohne erneutes Benetzen mit Tusche auf den großen Papierformaten ein Aufbrechen der Stempelform zur Folge.
Gleichzeitg oszillieren die gestempelten Formen in sich abschreibenden oder sich aufbrauchenden Grauwerten. Die Intensität der Abbildung der Druckform auf dem Papier hängt von der intuitivgetroffenen Entscheidung ab, nach einer nicht festgelegten Zahl von Druckgängen, in derenVerlauf sich die Tusche mehr und mehr ablegt, das Druckwerkzeug wieder einzutauchen und bei sattem Schwarz beginnend den Vorgang zu wiederholen. Andere Blätter wiederum werden mit zeichnerischen Mitteln weiter verdichtet und durch Überdruckung geschwärzt, ohne ihren seismografischen Rhythmus zu verlieren.
Die fertigen Briefe an Jim sind malerisch ungegenständlich. „Jim“ ist eine Kunstform für diese Werkgruppe. Die Annäherung mit zeichnerischen und fotografischen Mitteln bindet die Räume unmittelbar ein. Sie werden zu temporären Ateliers, ihre Intimität verflechtet sich direkt mit dem eigenen bildnerischen Prozess.
Durch die zeitlich begrenzte Hängung der fertigen Arbeiten am jeweiligen Ort ihrer Entstehung fügen sie sich in die aktuelle Raumsituation ein, es entsteht eine Korrespondenz zwischen dem Vergangenen und dem Neuen. Als temporärer Ausstellungsort erhält der Raum eine neue Identität, als „Un-Ort“ gewinnt er eine neue, stille Kontemplation.

 

Eröffnung: Freitag 06. Sept. 2013

19:00 Uhr im Kunsthaus Viernheim
Begrüßung: Fritz Stier, Kunstverein Viernheim
Einführung: Reinhard Lättgen, Kunstverein Rhein-Sieg
Musik: Michael Schreiner, Saxophon / Tobias Schmitt, Kontrabass

www.haraldpriem.de