Eröffnung am Freitag, 7. Februar um 19 Uhr
Rätselhaft verstörend erscheint die Solo-Show von Susanne Neiss im KunstveViernheim: Farbspritzer in dunklem Purpur, ein Schriftzug auf einer vor Süße triefenden Wand. Dahinter ein wandfüllendes Ensemble in gebrochenem Rot, Gelb, Orange und zartem Rosa. Scheinbare Harmonie, fleischliche Assoziationen. Körperlichkeit, Intimität, Sexualität. Ein Dschungel aus Nähe, Emotionalität und – Riss! – offener Gewalt.
Der Schatten einer Messerklinge schiebt sich brutal in die Szenerie. Die Stimmung kippt. Wo eben noch lustvolles Rot, weiche Übergänge und mädchenhafte Muster waren, herrschen auf einmal Sprachlosigkeit und Erschauern. Ist es wirklich das, was man zu erkennen glaubt? Der Schnitt durch das ansonsten tadellose, samtig-weiche Laken unserer Phantasie?
Das Bild wird mensch nicht mehr los. Es bleibt. Genauso wie in der Erinnerung derer, die als Tochter, als Schwester, als wehrloses Kind zum Opfer sexueller Gewalt wurden, deren heile Welt zerschnitten und deren Gefühle zerteilt wurden.
Die Künstlerin weicht, trotz der erschreckenden Symbolik, fest zementierte Muster im Umgang mit dem Tabu sexuellen Missbrauchs auf. Eine minutiöse, präzise Sezierung eigenen Erlebens, übersetzt in die Sprache der Kunst, die das traumatische Geschehen herausarbeitet und überhaupt erst sichtbar macht.
Ähnlich einer Spiegelwelt sind vielgestalte Interpretationen möglich: Das nette Bild einer scheinbar harmlosen, bonbonfarbenen, mädchenhaften Traumwelt versus der Monstrosität der Ereignisse, die als Kind (noch) nicht in Worte oder Bilder zu fassen sind. Wie der Titel der Ausstellung ‚redrum‘, der rückwärts gelesen ‚Murder‘ ergibt.